Rand Art 2015: Bilder & Themen


 

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Ohne Kunst und Kultur ist das menschliche Leben nur schwer vorstellbar. Selbst Gemeinschaften, die vorrangig tagtäglich mit der Suche nach Nahrung beschäftigt waren und sind (in frühen Jahren der Menschheitsgeschichte bzw. aktuell in den Elendsvierteln der Großstädte), schaffen beeindruckende kulturelle und künstlerische Zeugnisse. Der Kalender möchte im Jahr 2015 künstlerische und kulturelle Initiativen vorstellen, die nicht im Rampenlicht stehen (Ausnahmen bestätigen nur die Regel) oder erst nach längerer Durststrecke ihren Durchbruch schafften. Nicht zuletzt stehen das politische Engagement und das Eintreten für eine bessere Welt im Fokus. Der isländische Schriftsteller Andri Snaer Magnason sieht als Ausweg aus der aktuellen Orientierungslosigkeit vieler Menschen in seiner Heimat die Besinnung auf die Natur und das Bewusstsein für Kultur: „Wir brauchen etwas, das uns rettet.“ Dies kann und soll auch universell verstanden werden.

Hans Bogenreiter, Redakteur von Rand-Art 2015

 

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 Jänner 2015: Kunst und Kultur von ganz unten

Der mit acht Oscars ausgezeichnete britische Film „Slumdog Millionaire“, der in den Elendsvierteln der indischen Metropole Mumbai spielt, rückte die dortigen Lebensumstände in die Weltöffentlichkeit. Es gibt aber kritische Stimmen, die befürchten, dass sich dadurch das gängige Bild über Slums in den Köpfen der Menschen zum Negativen stilisiert und verdichtet hat. Jedenfalls müssen in den Elendsvierteln der Großstädte in Afrika, Asien und Lateinamerika Millionen Menschen tagtäglich mit der Erfahrung, nicht einmal elementare Grundbedürfnisse decken zu können, leben. Da bleibt naturgemäß wenig Zeit an Kunst und Kultur zu denken. Umso erstaunlicher ist es, wie vielfältig sich in den letzten Jahren die „Slumkunst“ bzw. das Kunstschaffen in besonders armen und zerrütteten Gesellschaften bzw. Diktaturen auf unterschiedlichsten Ebenen entwickelt hat.

 

randart-02Februar 2015: Die Kunst am Bau

Die Schaffung und ästhetische Gestaltung von Bauwerken, also die Architektur, ist wohl eine der ältesten Kunstformen und hat auch aktuell einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Immer mehr rückt angesichts des offensichtlich durch die Menschen ausgelösten Klimawandels die ökologische Bauweise, die aber auch den ästhetischen Ansprüchen gerecht wird, in den Vordergrund. Erfreulich ist, dass in den letzten Jahren dazu die Kreativität sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau geradezu sprüht: So gewann das „Team Austria“ der TU Wien mit einem Energie-Plus-Haus im Frühjahr 2014 den Solar Decathlon, sozusagen den Oscar in diesem Metier. Der malaysische Architekt Ken Yeang errichtet zurzeit in Indien den ersten bioklimatischen Wolkenkratzer und ein revolutionäres Pilotprojekt von Julie und Scott Brusaw aus den USA funktioniert Straßen in Solarkraftwerke um. Dies sind nur drei Beispiele, stellvertretend für andere zukunftsweisende Bauvorhaben.

 

randart-03März 2015: Tibetische Sandmandalas-vergängliche Kunst

Tibet ist ein Schlüsselland der Himalayaregion – weil alle großen Flüsse Asiens hier entspringen und weil die großen West-Ost-Handelsrouten durch Tibet liefen. Das alte Tibet war jedoch kein Staat im modernen Sinn mit zentraler Verwaltung. Es war ein Gebiet, das hauptsächlich von Nomaden bewohnt war, von sehr unterschiedlichen Volksgruppen. Sie alle orientierten sich an Lhasa als Zentrum und zahlten Steuern bzw. Tribute, aber waren im Übrigen unabhängig. Das einigende Band der verschiedenen tibetischen Gruppen ist bis heute Kultur, Sprache und Religion.

 

randart-04April 2015: Die schönen und die hässlichen Seiten der Mode

Die Haute Couture, die aufwendige und luxuriöse Mode, ist längst nicht nur in den reichen Industriestaaten zuhause. Paris verliert zunehmend den Nimbus der Modehauptstadt der Welt. Auch der Luxus globalisiert und bringt gleichzeitig ans Tageslicht, dass im Schatten der Modeindusstrie unzählige Menschen – darunter viele Kinder – in Afrika oder Asien in sklavenähnlichen Verhältnissen für den Profit der Konzerne schuften müssen. Der Konsumwahn auf Kosten von Mensch & Umwelt kommt aber auf verschiedenen Ebenen immer mehr unter Druck, sodass sogar in elitären Modezirkeln über soziale und ökologische Verantwortung gesprochen werden muss.

 

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Mai 2015: Murales–Botschaften an den Wänden

Der Begriff Muralismo bezeichnet allgemein Wandmalerei im öffentlichen Raum. Diese Kunstform entstand in den 1920er-Jahren in Mexiko nach der mexikanischen Revolution. Murales sind Wandmalereien mit nationalen, sozialkritischen und historischen Inhalten. Im mexikanischen Bundesstaat Chiapas sind Murales ein wichtiges Kommunikationsmittel im Kampf für Frieden und Unabhängigkeit. Hauptwerkzeug für die Kunst an öffentlichen Wänden ist der Pinsel, aber auch andere Techniken wie zum Beispiel Sprühpistolen werden genutzt. Die meisten Murales sind jedoch in Fresko-Technik gemalt. Viele der heute bekannten Muralisten aus Mexiko waren linkspolitisch aktiv, einige von ihnen durchreisten auch europäische Länder, tauschten sich mit dortigen Künstlern

 

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Juni 2015: Die Kunst von Kindern

Die Freude am Gestalten und damit das kreative, künstlerische Potential wird den Menschen wohl schon in die Wiege gelegt. Mann/Frau braucht sich nur in einem x-beliebigen Kindergarten umsehen, wie viele Facetten die künstlerische Ausdrucksweise schon im frühen Alter hat. Intakte Familienverhältnisse und ein sicheres Umfeld sind für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen besonders wichtig. Im realen Leben bleibt dies für viele Kinder aber leider oft nur ein schöner Traum. Kinder werden durch Krieg, Not und Elend besonders traumatisiert. Kunst kann hier eine therapeutische Wirkung entfalten, z.B. haben tschetschenische und guatemaltekische Kinder über das Zeichnen des Erlebten ein Ventil gefunden, die Schrecken des Krieges leichter zu verkraften. Und Roma-Kinder in der Slowakei versuchen dem tristen Alltag in ihrer Heimat zu entfliehen mittels besonderer Farbenpracht und idealisierter Sichtweise ihrer zum Teil schon untergegangenen Kultur.

 

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Juli 2015: Musik–„Die vier Jahreszeiten“ in den Tropen

Musik gilt als die Kunst, die Menschen weltweit am meisten verbindet. Im digitalen Zeitalter findet tagtälich ein gegenseitig befruchtender millionenfacher Austausch statt. Der dafür naheliegende Begriff Worldmusic bezeichnet aber ein ganz bestimmtes Genre. Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für die „WeltmusikerInnen“ ist die traditionelle Musik verschiedenster Ethnien auf unserem Globus, oft auch mit politischem Anspruch. „Get Up, Stand Up” (for your rights) vom jamaikanischen Reggae-Star Bob Marley trifft genau diesen Nerv. Wenig bekannt ist, dass die Klassik (siehe folgende Beispiele) umgekehrt ebenfalls ihren Weg in die Tropen gefunden hat und sich dort auch weiterentwickelt hat. So hat der brasilianische Komponist Heitor Villa-Lobos, dessen Mutter indianischer Abstammung war, Elemente der indigenen Musik in seine klassischen Werke einfließen lassen.

 

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August 2015: Theater als Instrument gegen Unterdrückung

Theater hat viele Facetten. Das Theater der Unterdrückten nach Augusto Boal (1931 – 2009) steht in engem Bezug zu Paulo Freires Pädagogik der Unterdrückten, die in dieser Theaterpraxis eine Umsetzung erfährt. Es wird auch als Instrument in der Bildungs- und Friedensarbeit genauso wie als Forschungsmethode in den Sozialwissenschaften eingesetzt. Es wurzelt im Volkstheater und geht davon aus, dass jeder Mensch Theater machen kann, dass jeder Mensch im Grunde Theater ist. Nach den Anfängen in Südamerika wird das Theater der Unterdrückten mittlerweile in über 70 Ländern weltweit von Gruppen und Einzelpersonen angewandt und weiterentwickelt (vgl. www.theatreoftheoppressed.org).

 

randart-09September 2015: Kunst in Krieg & Frieden

Auch Kunst und Kultur sind vom Krieg in unterschiedlicher Weise betroffen. Viele KünstlerInnen nehmen in ihren Werken dezidiert Stellung gegen den Krieg, leider lassen sich aber auch einige vor den Karren der Kriegstreiber spannen. Nach einem Krieg können Kunst- und Kulturinitiativen viel zur Versöhnung und zur Bewältigung von Traumata beitragen.

 


 

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Oktober 2015: Interkultureller Kunst- & Kulturaustausch

Die Globalisierung hat auch Kunst und Kultur tief beeinflusst und der interkulturelle Austausch hat Formen angenommen, die noch vor wenigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten wurden. Wie die Geschichte – auch die aktuelle – lehrt, kommt das interkulturelle Miteinander leider allzu oft ins Hintertreffen und muss sich immer wieder der destruktiven Kraft des Gegeneinander (siehe Auszug aus dem Buch „Der Engel des Vergessens“) erwehren. Interkulturalität ist binnen eines Jahrhunderts vom Rand ins Zentrum gerückt. Während bis ins 20. Jahrhundert in etwas entlegenen Gebieten in Europa „Fremde“ eine Sensation bzw. Kuriosität darstellten, hat die Globalisierung die Welt neu gestaltet. Interkulturelle Kontakte sind in allen Gesellschaftsschichten und bewohnten Winkeln dieser Erde, nicht zuletzt auch dank des Worldwideweb alltäglich geworden.

 

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November 2015: Die Renaissance der Handwerkskunst

Die Kombination von traditionellem Handwerk mit moderner Technik, einhergehend mit der Liebe zur Gestaltung zieht gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit mit Fließbandproduktion wieder mehr Menschen in ihren Bann. Auch die führenden Wirtschafts- und Industrieunternehmen erkennen wieder zunehmend das innovative und kreative Potential des Handwerks, das oft zu Unrecht als starr und rückständig abgestempelt wird. Ein neuer Zweig ist sowohl in den sogenannten Entwicklungsländern als auch in Industrieländern (vor allem als Programme für die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen) durch die Auswüchse unserer Wegwerfgesellschaft entstanden: neue Handwerks- und Kunst-Produkte aus Abfall/Müll. Gerade in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit bieten handwerkliche Tätigkeiten auch Chancen am Arbeitsmarkt. Dies wird leider zu wenig beachtet, denn es ist eine Illusion, die Lösung dieser Problematik alleine in der Ausbildung zum Akademiker zu sehen.

 

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Dezember: Über die globalisierte Esskultur

Die Kochkunst war jahrhundertelang vor allem dem Adel vorbehalten, der eigene Köche beschäftigte. In der Zeit vor der Renaissance hatten alle Kulturen und Regionen Europas eigene Gerichte, Stile und Kochgewohnheiten, die hauptsächlich auf den regional verfügbaren Lebensmittel, sowie einer beschränkten Menge an Gewürzen und anderen Handelsgütern basierten. Mit der „Entdeckung“ neuer Länder, der Zunahme des globalen Handels, der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion und durch neue Möglichkeiten der Konservierung und Lagerung der Lebensmittel entstanden neue Gerichte und bekannte Speisen wurden weiterentwickelt. Besonders seit dem 20. Jahrhundert verbreiten sich Speisen, Rezepturen und Zutaten weltweit enorm – beispielsweise Pizza, Döner-Kebab oder Sushi. Gerade die Internationalisierung der Küche, hat aber auch ihre Schattenseiten. Allein die weltweit weggeworfenen und auf den Transportwegen verdorbenen Lebensmittel würden dreimal reichen, um all die Hungernden unseres Planeten zu ernähren.

 

 

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